Das Textilmuseum ist eine Kulturperle ersten Ranges | Kultur

2022-11-16 14:10:49 By : Mr. Hason Zheng

Verschiedene Ausstellungobjekte zeigen die Bedeutung der Textilindustrie für die Bevölkerung, aber auch für die Maschinenindustrie der Ostschweiz auf. So ist zum Beispiel die funktionsfähige Bandhandstickmaschine der Uzwiler Firma Benninger aus dem Jahr 1890 ein herausragendes Highlight des Textilmuseums. Ein Mitglied des Museumsvereins, der Hinterthurgauer Bruno Hollenstein kennt diese Textilmaschine sehr gut, besitzt er doch das gleiche Modell privat und kann es dank grossem Fachwissen auch bedienen. Bei einem Besuch in Niederbüren erklärte er dem Journalisten die Funktionen der Stickmaschinen und berichtete über die Entwicklung der industriellen Stickereifabrikation, welche in den vergangenen150 Jahren die Textilbranche mitprägte. Vor dieser Zeitepoche war es vor allem die bäuerliche Bevölkerung, welche mit Handstrickarbeiten, aber auch mit Spinnrad und Handwebstuhl das Leinwandgewerbe ausgeübt und in ganz Europa zum Qualitätsbegriff gemacht hatte. Auf der von Benninger entwickelten Stickmaschine konnten auf zwei Stoffbändern von über vier Meter Länge Stickobjekte erzeugt werden. Das ermöglichte eine 40 x grössere Leistung als bei der einfachen Handstickerei im Heimbereich. Für ein rationelles Einfädeln der benötigten 312 feinen Nadeln erfand 1893 die Firma Martini Frauenfeld eine Fädelmaschine.

Einst wurden in der Ostschweiz über 18‘000 Handstickmaschinen betrieben, wovon heute nur noch elf Exemplare funktionstüchtig sind. Bruno Hollenstein erstellte für den Museumsverein ehrenamtlich eine Stickereizeichnung vom Museumsgebäude. Mit grossem Aufwand setzte er dieses Motiv auf der Bandhandstickmaschine für spezielle Einladungs- und Dankeskarten um. In der weiteren Entwicklung der maschinellen Fabrikation erfand der 1822 in Oberuzwil geborene und später in Gossau wohnhafte Isaak Gröbli die Schifflistickmaschine, welche in der Winterthurer Maschinenfabrik Rieter und der Arboner Firma Saurer hergestellt wurde, beides bedeutende Namen in der Textilbranche.

Im Museum steht ein kleines, massstabgetreues Sauer-Modell. 1898 folgte der dritte und letzte Schritt in der Entwicklung der Stickmaschinen, die sogenannten Stickautomaten. Dies waren Schifflistickmaschinen, die nicht mehr mit Pantographen, sondern über Lochkarten gesteuert wurden. Heutige Stickmaschinen verwenden noch dasselbe Prinzip, jedoch kommen anstelle der Lochkarten Computer zum Einsatz.

Laut Richard Holenstein, Präsident des Museumsvereins ist nach anderthalb Jahren Corona-Geschichte das Leben im Textilmuseum Sorntal nur zögerlich zurückgekehrt. „Wir haben die Zeit genutzt, um die Inventarisierungs- und Sortierarbeiten zuvertiefen. Eine Gruppe von Mitgliedern führte notwendige Reinigungs-  und Instandhaltungsarbeiten aus und im Aussenbereich naturnahe Pflegearbeiten, wofürwir herzlich danken“, informierte Holenstein. Er hoffe, dass im Museum bald wiedermehr Führungen stattfinden können und die „Offenen Führungen“ besucht werden. Die Führung dauert etwa 1 ¼ Stunden und lässt die Vielseitigkeit des textilen Entstehens erleben. Bewundert werden können hölzerne Geräte der Heimindustrie, laufende Textilmaschinen als Zeitzeugen des industriellen Aufbruchs sowie eine grosse Auswahl von herausragenden Textilmustern und historischen Dokumenten. Die Winterpause dauert vom November 2021 bis Februar 2022. Eine Anmeldung ist erforderlich mittels Formular auf der Webseite oder per Tel. 071 420 91 55.

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